Anfrage A 774 vom 14.10.2020: Lehren aus der Corona-Pandemie ziehen
Für die Bewohner*innen von Altenheimen und ihre Angehörigen war und ist die Corona-Pandemie eine große Belastung. Über Monate weggesperrt zu sein und keinen Besuch empfangen zu dürfen, ist nicht nur für demente und bettlägerige Senioren fast unerträglich. Generell können die Isolation, der mangelnde Körperkontakt, das Fehlen von Anreizen zu schweren psychischen Krankheiten und auch zum Tod führen.
Gabriele Meyer, Leiterin des Instituts für Gesundheits- und Pflegewissenschaft der Universität Halle und Mitglied im Sachverständigenrat Gesundheit, weist darauf hin, dass die strengen Besuchsregelungen für Angehörige nicht nur nicht vor dem Virus schützten, sondern sogar schadeten:
„Man dachte ja, wenn man die Heime abschließt, gegenüber der Außenwelt (…), zum Beispiel die Anzahl der Ärzte reduziert bei gleichzeitig zugehendem Pflegepersonal, dass man die Corona-Infektionen reduzieren oder vermeiden kann. Das war offensichtlich ein Trugschluss, denn die Infektionen werden vom Pflegepersonal eingetragen worden sein.“
„Wir hätten zu Beginn der Pandemie Handlungsspielräume eröffnen müssen, indem wir z.B. Angehörige ansprechen, ob sie ihre Eltern und Verwandten einige Zeit nach Hause holen wollen oder in dem wir in den Heimen Hotel-ähnliche Arrangements herstellen und so die Einzüge von Angehörigen in Pflegeheimen ermöglichen.“ (zitiert aus SWR-Podcast vom 7.10.20)
Auch kritisiert die Expertin, dass die von verzweifelten Angehörigen erkämpften Lockerungen, die Bund und Länder Anfang Mai bekannt gaben, in vielen Heimen nicht angekommen sind:
„Noch im Spätsommer gab es Einrichtungen, die Besuche massiv einschränkten oder ausschließ-lich Freiluftkontakte ermöglichten. D.h. wir haben in den Heimen eine nicht nachvollziehbare Varianz im Handeln und teilweise haftähnliche Bedingungen – das ist eine unerträgliche und menschenverachtende Praxis“.